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[Symposium 1] Inszenierungspraxis

Symposiumsbericht I

»Die szenischen Bilder, auf denen das Auge des Meisters geruht« –
Wagners Gesamtkunstwerk in historisch informierter Inszenierungspraxis?

Autor: Arnold Jacobshagen
Jahr der Veröffentlichung: 2019
Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0

Den Beitrag finden Sie hier bei unserem Publikationspartner musiconn.publish

 

Zusammenfassung
Während die Bayreuther Uraufführungsinszenierung des Parsifal (1882) als Paradebeispiel einer »unter den Augen des Meisters« entstandenen Opernproduktion gelten kann, die Jahrzehnte lang praktisch unverändert auf dem Spielplan stand und so eine Tradition normativer Wagner-Regie begründete, verschwand die Uraufführungsinszenierung des Ring des Nibelungen (1876) bereits nach den ersten Bayreuther Festspielen nach nur drei Aufführungen für immer in der Versenkung. Die negative Beurteilung der Inszenierung von 1876 durch Richard und Cosima Wagner, wie sie sich in den Tagebüchern Cosimas niederschlägt, kann zur Erklärung beitragen, warum der Ring zwei Jahrzehnte lang überhaupt nicht mehr in Bayreuth gespielt wurde und sodann 1896 in einer völlig neuen Inszenierung unter der Leitung Cosima Wagners herauskam. Diese und weitere Zeugnisse zur Bayreuther Produktion werden in dem Beitrag ausführlich diskutiert. Sodann wird die Rolle der Theatersemiotik für die Rekonstruktionen historischer Operninszenierungen diskutiert. Inszenierungsdokumente wie diejenigen zu den Uraufführungen von Wagners Ring des Nibelungen und Parsifal können einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis des multimedialen Kunstwerks Oper und seiner unterschiedlichen Zeichensysteme leisten und zugleich auch zur Anregung gegenwärtiger Produktionen dienen. Eine aus historischer Perspektive (bzw. aus derjenigen von Richard und Cosima Wagner) »unvollkommene« und alles andere als mustergültige Inszenierung wie diejenige des Ring des Nibelungen von 1876 detailgetreu zu rekonstruieren, wäre ein fragwürdiges Unterfangen. Sinnvoller erscheint es, die umfassend dokumentierten Erfahrungen aus der Uraufführungsinszenierung in eine heutige »historisch informierte« Aufführung einfließen zu lassen. In diesem Falle würde es sich zwar nicht um eine »werktreue«, womöglich aber um eine »werkgerechte« Inszenierung handeln.

Summary
Whilst the Bayreuth premiere production of Parsifal (1882) could be considered a paradigm example of an opera production created »in the eyes of the Master« as it remained on the programme schedule essentially unaltered for decades thereby establishing a normative tradition of Wagnerian direction, the debut production of the Ring of the Nibelung (1876) already fell into permanent oblivion after only three performances at the first Bayreuth Festival. Richard and Cosima Wagner’s negative critique of the 1876 production, as expressed in Cosima Wagner’s journals, may help to explain why the Ring of the Nibelung was not performed at all in Bayreuth for two decades before it returned to the stage in 1896 in an entirely new production under Cosima Wagner’s direction. This critique and further witness accounts of the Bayreuth production are comprehensively examined in the article. Furthermore, the role of theatre semiotics in the reconstruction of historical opera productions will be discussed. Documents on the staging, such as those concerning the premieres of Richard Wagner’s Ring des Nibelungen and Parsifal, could contribute significantly to gaining an understanding of the multimedia oeuvre that is opera and its various sign systems, and at the same time serve as a stimulus for contemporary productions. A true to detail reconstruction of an »imperfect« production from a historical perspective (or from the perspective of Richard and Cosima Wagner) and a less than exemplary production such as the Ring of the Nibelung of 1876, would certainly be a questionable undertaking. A more sensible approach would seem to be the integration of the comprehensively documented accounts from the premiere production into a contemporary "historically informed" performance. While this may not be »true to the original«, it may well do »justice to the original«.
Translation: Jennifer Smyth

 

Beitrag zum Symposium Wagner-Lesarten – Richard Wagners »Der Ring des Nibelungen« im Blickfeld der ›Historischen Aufführungspraxis‹ am 29. September 2017 in der Universität zu Köln.

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